Ein universaler Denker

Wer war Hugo Kükelhaus

"Was uns erschöpft, ist die Nichtinanspruchnahme der Möglichkeiten unserer Organe und unserer Sinne, ist ihre Ausschaltung, Unterdrückung ... Was aufbaut, ist Entfaltung. Entfaltung durch die Auseinandersetzung mit einer mich im Ganzen herausfordernden Welt."
(Hugo Kükelhaus)

Hugo Kükelhaus war ein universaler Denker, der auf zentrale Probleme unserer Zeit aufmerksam gemacht hat, aber auch Wege zu ihrer Überwindung wies. Er sah den Menschen der modernen, technischen Zivilisation gegenüber seinen leiblichen und seelischen Kräften verarmen und aus dem Lot geraten. Ursächlich hierfür erkannte er ein Wertesystem, das den Intellekt aus der Ganzheit der menschlichen Fähigkeiten einseitig heraushebt, sowie eine Technik und Umweltgestaltung, die auf eine Entlastung des Körpers und der Sinne statt auf deren Herausforderung angelegt ist.

Eine immer eintöniger werdende Umwelt, die den Sinnen nichts zu 'tun' übrig lässt und den grundlegenden körperlichen Erfahrungs- und Entwicklungsmöglichkeiten immer weniger (Spiel)Raum gibt - Kükelhaus spricht geradezu von 'Lebensentzug' - korrespondierte in seinen Augen mit einer künstlichen Reizüberflutung, die durch die Überforderung bestimmter Sinne wie Sehen und Hören zum weiteren Abbau einer differenzierten Wahrnehmungsfähigkeit beiträgt. Unermüdlich zeigte er die verheerenden Folgen für das menschliche Verhalten in allen Bezügen auf - zu sich selbst, zu den Mitmenschen, zu Natur und Technik.

Die Wichtigkeit vielfältiger sinnlicher Erfahrungen - von Anfang an - unterstrich er bereits Ende der 30er Jahre durch die Entwicklung des Spielzeugs "Allbedeut", Holzspielzeuge zur Förderung der Sinne in den ersten Lebensjahren.

Lebenslauf

1900
< >Geboren am 24. März in Essen

Vater: Hugo Kükelhaus sen., Schriftsteller, mittelständischer Wirtschaftspolitiker, Mitorganisator der beruflichen Selbstverwaltungskörper des deutschen Handwerks; Mutter: Marie Kükelhaus, geb. Hovestadt; Schwestern Freya und Hiltrud, Brüder Heinz und Hermann: beide Schriftsteller

1919
< >Abitur

danach Lehr- und Wanderjahre als Bau- und Möbelschreiner

1925
< >Meisterprüfung im Schreinerhandwerk

Studium in Heidelberg, Münster, Königsberg. Schwerpunkte: Soziologie, Philosophie, Mathematik (Logik), Physiologie

1930
< >Heirat

mit Emilie, geb. Scharpenack (1898 - 1986) aus Kettwig/Ruhr; Sohn Friedrich, Tochter Barbara verh. Vogel

seit 1930
< >Innenarchitekt in Bochum (Fa. Dickerhoff)

Beginn freier gestalterischer Arbeit und journalistisch-schriftstellerischer Tätigkeit

1931
< >Übernahme der Fachzeitschrift Das Tischlergewerk

nach dem Tod des Vaters als Herausgeber und Schriftleiter für diese mit Unterbrechnungen bis 1943 tätig. Von 1948 bis 1956 freier Mitarbeiter der Zeitschrift

1934
< >Umzug nach Caputh bei Potsdam

seit 1934
< >Mitarbeiter des Alfred Metzner Verlages, Berlin

als Herausgeber der Reihen Schriften zur deutschen Handwerkskunst (1935ff.) und Die deutsche Warenkunde (1939ff., Informationsdienst über vorbildlich gestaltete handwerkliche und industrielle Gebrauchsgüter) und als Autor: Urzahl und Gebärde (1934) und Werde Tischler (1936). Vorträge, Schulungen, Organisation von Ausstellungen. Zusammenarbeit mit dem "Kunstdienst" und dem "Deutschen Handwerks-Institut" (Berlin)

1939
< >Herstellung des Spielzeug Allbedeut

(später auch "Greiflinge" genannt)


eines Sortiments von Holzspielzeugen für Kleinstkinder

1939 - 1945
< >Soldat

zeitweise freigestellt zur handwerklichen Schulung und Rehabilitation körperbehinderter Verwundeter. Mitglied des Widerstandskreises um Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg

1940 - 1941
< >durch von der Schulenburg Landeshandwerkspfleger von Schlesien in Breslau

1948
< >Übersiedlung nach Westdeutschland

1949 - 1954
< >Wohnung in Wamel am Möhnesee

Haus und Grafikwerkstatt Kätelhön

1950 - 1953
< >Lehrtätigkeit an der Werkschule Münster

Bildgeschichten vom Träumling (1951/1952) und Das Wort des Johannes (1953). Ausbau einer ehemaligen Fachwerkscheune im Soester Bergenthalpark (Das Unbezahlbare Haus)

1954
< >Umzug nach Soest

seit 1954
< >ausschließlich freiberufliche Tätigkeit als Schriftsteller (Anthropologie, Kulturkritik, Architektur, Sinnesphysiologie und -therapie, Pädagogik) und bildender Künstler (Zeichnung, Plastik, Glaskunst u.v.m.)

Mitarbeit bei der innenarchitektonischen Ausstattung von zahlreichen Kirchen und öffentlichen Gebäuden, besonders im Ruhrgebiet und im Münsterland; umfangreiche Vortrags- und Seminartätigkeit

1957
< >künstlerische Gestaltung und Innenausstattung der Ev. Erlöserkirche in Essen

einschließlich der gesamten Farbglasfenster


seit ca. 1960
< >Intensivierung der theoretisch und experimentell durchgeführten Untersuchungen über die Sinnesprozesse

Entwicklung des naturkundlichen Spielwerkes



1966
< >Stahlwand im Foyer des Stadttheaters Dortmund

(mit Fritz Kühn)


1967
< >Beteiligung an der Weltausstellung in Montreal

mit 12 Spiel- und Erfahrungsgeräten des naturkundlichen Spielwerkes sowie an der 2. internationalen Schulausstellung in Dortmund


1973
< >Prägung des Begriffes "Unmenschliche Architektur"

In der Folge Beratung und künstlerische Mitarbeit im Sinne einer "organgesetzlichen" Architektur beim Bau von Schulen, Kindergärten, Industriebetrieben; u.a. ab 1975 in mehreren Werken der Fa. Schweisfurth (HERTA KG), 1980/1981 beim Schulheim Rodtegg/Luzern für körperbehinderte Kinder (Architekt: Otto Schärli), 1980 bei der Neugestaltung des Schulhofs des Archigymnasium in Soest

1975
< >Erste Präsentation des Erfahrungsfeldes zur Entfaltung der Sinne

bei der Internationalen Handwerksausstellung EXEMPLA in München


Danach Wanderausstellung des Erfahrungsfeldes in zahlreichen Städten Deutschlands und der Schweiz

1977
< >Gründung des Arbeitskreises für eine organgesetzliche Lebensgestaltung Organismus und Technik e.V.

in Deutschland und in der Schweiz


1978
< >Konrad-von-Soest-Preis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe für sein Lebenswerk

1982
< >Buchprojekt Entfaltung der Sinne gemeinsam mit Rudolf zur Lippe

1982 - 1984
< >Planung und Bau Haus Graubner in Herrischried (Südschwarzwald)

mit Wolfram Graubner


1984
< >gestorben am 5. Oktober

in Herrischried; Grabstätte in Mustin bei Ratzeburg, dem Wohnort seiner Tochter